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28.06.2008
"Wir sind gut auf dem Weg nach Kroton"

Interview von Claudia Pauli mit Bernd Wessels
für das DBV-Organ "Badminton-Sport 06/2008"
Die erste Saison, in welcher der DBV und einige Landesverbände mit dem Online-Ergebnisdienst „Kroton“ gearbeitet haben, ist vorüber. Claudia Pauli sprach mit Bernd Wessels, Sportwart im BLV-NRW und als Vertreter der teilnehmenden Verbände federführend für die Programmentwicklung zusammen mit der verantwortlichen Firma „Visual Reality“ aus den Niederlanden zuständig, über seine Erfahrungen mit dieser Software in den vergangenen Monaten. 

BS: „Wie lautet Ihr allgemeines Fazit nach der „Premierensaison“?“
BW: „Die erste Saison ist aus meiner Sicht sehr gut gelaufen. Uns stehen deutlich mehr Funktionen zur Verfügung, als wir vor der Spielzeit 2007/2008 als Minimum vorgegeben hatten, und der Ergebnisdienst wurde auch sehr gut von Vereinen und Funktionären angenommen. Man muss auch immer beachten, wo wir gestartet sind. Zwischen März und Mai vergangenen Jahres wuchs für uns die Gewissheit, dass der Weg mit milon nicht mehr weitergehen würde. Im Juni haben wir uns dann für einen neuen Partner entschieden, d. h. in NRW wussten wir zu dem Zeitpunkt, dass wir die niederländische Firma Visual Reality beauftragen würden. Auch der DBV und einige andere Landesverbände (LV) wollten sich diesem Projekt anschließen. Das Problem bestand darin, dass alle beteiligten Verbände Unterschiede in ihren Datenstrukturen aufweisen, die gegenseitig nicht bekannt sind. Was für uns in NRW z. B. eine Selbstverständlichkeit war, machten andere LV ganz anders. Das gilt umgekehrt natürlich auch. Es war sehr viel Arbeit, diese Unterschiede in einem einzigen System für alle zufriedenstellend als eine Programmiervorgabe mit vertretbarem Pflegeaufwand zu vereinbaren. Ich habe die Wünsche der Landesverbände gesammelt, damit wir gegenüber den Niederländern nur mit einer Stimme auftraten. Das heißt: Wir als Anwender machen die Koordinierungsarbeit nun selbst. Milon hat damals sehr viele administrative Aufgaben für die Verbände übernommen und sehr viele Datenprobleme für uns Anwender aus der Welt geschafft. Dies ist jetzt nicht mehr der Fall. Da uns als Administratoren bestimmte Unterschiede zwischen den LV vor Beginn der Saison noch gar nicht bekannt waren und man z. T. erst im Lauf der Saison festgestellt hat, dass Abstimmungen notwendig sind, hat man manchmal erst im Lauf der Saison nachgebessert. Einige Arbeiten stehen zudem auf der „to-do-Liste“ für die Spielzeit 2008/2009. Die Arbeit ist also nicht beendet, sondern wir sind mittendrin. Wir sind mit dem bisher Erreichten mehr als zufrieden. “

BS: „Bitte erläutern Sie den Leserinnen und Lesern noch einmal, welche Verbände überhaupt involviert sind.“
BW: „Von allen Verbänden, die vorher bei milon waren, haben sich mit Ausnahme von Baden-Württemberg und dem Rheinland alle Kroton angeschlossen. Mit dabei sind also der DBV mit dem überregionalen Spielbetrieb sowie die Landesverbände NRW, Niedersachsen, Hessen, Bayern, Sachsen und Saarland. Der Badmintonverband Rheinhessen-Pfalz ist für die Saison 2008/2009 dazugekommen. Da aber die ersten vier Ligen – 1. und 2. Bundesliga, Regionalliga und Oberliga – zum überregionalen Spielbetrieb des DBV gehören und darin auch Vereine von Landesverbänden mitspielen, die nicht bei Kroton mitmachen, musste auch diesen Vereinen die Eingabe der Ergebnisse ermöglicht werden. Die BSG Unkel-Linz hat beispielsweise je eine Mannschaft in der Regional- und Oberliga (somit überregional bei Kroton) und weitere Mannschaften im Rheinland und muss die Ergebnisse somit in zwei verschiedene Systeme einpflegen. Das ist für die Vereine zwar nicht optimal, aber auch kein echtes Problem.“

BS: „Welche Spiele werden erfasst?“
BW; „Alle Mannschaftsspiele von der Bundesliga bis „tiefsten“ Kreisklasse sowie in NRW auch alle Jugend- und Schülerspiele bis zu den jüngsten Spielern. Aber das wird von LV zu LV unterschiedlich gehandhabt. Nicht überall sind die Jugendspiele schon dabei.“

BS: „Wer kann überhaupt Daten einpflegen d. h., beispielsweise Ergebnisse online stellen?“
BW: „Die Verantwortung für die Zugangsberechtigungen lag bislang bei den jeweiligen Landesverbänden. Diese meldeten an die Niederländer ihre Vereine und Funktionäre (wer für welche Staffel zuständig ist), woraufhin die Niederländer den Vereinen je eine Zugangsberechtigung erteilten. In kleinen Vereinen hat oftmals nur der „Chef“ die Zugangsdaten. Vereine mit mehreren Mannschaften haben die Rechte in der Regel an jede Mannschaft weitergegeben. Im Idealfall sind auch 2-3 Spieler innerhalb der Mannschaften eingabeberechtigt. Künftig soll es so sein, dass die Administratoren des Vereins einen Vereins-Zugangscode erhalten. Diese vergeben dann selbst vereinsintern personenbezogene Rechte an einzelne Funktionsträger im Verein und pflegen auch diese Berechtigungen. Dadurch kann nachvollzogen werden, welche Person welche Daten eingegeben hat. Dies ist beispielsweise später wichtig für Turnier- und Mannschaftsmeldungen. Die Übermittlung der Ergebnisse soll schließlich auch einen offiziellen Charakter haben. Unser Plan ist, dass die personenbezogene Zuteilung des Zugangscodes zur neuen Saison erfolgen soll.“

BS: „Wie schwierig gestaltete sich die Umstellung der Staffelbetreuer auf das neue System?“
BW: „Ich kann jetzt nur für NRW sprechen: Kurz vor Saisonbeginn 2007/2008 haben wir für die Staffelbetreuer und Bezirkswarte Schulungen angeboten, an denen insgesamt etwa 35 Personen teilgenommen haben. Viele von ihnen waren Multiplikatoren, die ihr Wissen wiederum an andere im Bezirk oder Verein weitergegeben haben. Zudem haben wir mit vielen Usern telefoniert, um sie mit dem Programm vertraut zu machen. Da sich im Laufe der Zeit immer wieder neue Funktionen ergaben, haben wir diese häufig per Mail erläutert oder entsprechende Hinweise auf die Homepage des BLV-NRW gestellt bzw. Handbücher geschrieben.“

BS: „Was passiert, wenn die Vereine die Daten nicht zeitnah eingeben?“
BW: „In NRW war in der abgelaufenen Saison die Eingabe für die Vereine noch freiwillig. Sofern die Vereine nicht für die Eingabe der Ergebnisse sorgten, war der Staffelbetreuer für die Komplettierung verantwortlich. In NRW wird für die kommende Saison die Online-Eingabepflicht für Vereine eingeführt. Dafür kann auf die postalische Einsendung des Spielberichtes verzichtet werden. Andere LV haben dies schon in der Spielzeit 2007/2008 so gemacht, andere werden auch 2008/2009 noch nicht so verfahren.“ 

BS: „Was ist das nahe Ziel?“
BW: „Für 2008/2009 stehen drei große Themen auf der Agenda: 
Zum einen die Verbesserung des Online-Ergebnisdienstes. Dies geschieht einerseits durch Erweiterung und Verbesserung von Funktionen, Auswertungs- und Darstellungsmöglichkeiten, zum anderen auf einer für Vereine nicht sichtbaren Ebene. Ziel ist es, dass die Verbände selbst ihre Ligen, Staffeln, Vereine, Mannschaften, Staffelbetreuer, Termine, Spielsysteme etc. selbst anlegen und pflegen können. In der ersten Saison mussten, bedingt durch den kurze Vorbereitungszeit, die Daten alle in die Niederlande geschickt werden, und von dort aus wurden sie dann eingepflegt. Jede spätere Änderung gestaltete sich dadurch bisher als relativ aufwändig. Unser klares Ziel: Das Einspielen und die Pflege der Daten wollen wir für 2008/2009 selbst erledigen können. Zweites großes Thema ist die Verbandsverwaltung. Im ersten Schritt werden Stammdaten von Vereinen (Adresse, Hallen, Mannschaften usw.), Spielern und Funktionären online zur Verwendung für die Staffelverwaltung bereitgestellt und auch zentral gepflegt. Im zweiten Schritt kommunizieren Verband und Vereine über festgelegte Schnittstellen miteinander. Es soll beispielsweise möglich werden, Adressänderungen, Passanträge, Mannschafts- und Turniermeldungen über dieses System abzuwickeln. Verband und Vereine benötigen dafür ein Rechtesystem, bei dem z. B. Vereine selbst Personen benennen, die Zugriff auf bestimmte Bereiche haben und die Daten bearbeiten können – z. B. Spielerpässe ändern, Meldungen geben oder löschen etc. Daran haben eine Reihe von Landesverbänden bereits jetzt ihr Interesse bekundet. Drittes „Entwicklungsthema“ ist die Turniersoftware. Das Programm, das im Internet unter www.alleturniere.de bzw. international unter www.tournamentsoftware.com zu finden ist und weltweit bei Turnieren eingesetzt wird, wollen auch der DBV, der BLV-NRW und andere LV einsetzen. Diese Software wird auch Vereinen angeboten – und das sogar zu deutlich vergünstigten Konditionen. Alle Ergebnisse damit ausgetragener Turniere sind damit sofort im Netz. Außerdem ist (bei Benutzung der SpielerID) eine Spielerstatistik dahingehend verfügbar, dass man sowohl die Ergebnisse eines Spielers beim aktuellen Turnier einsehen kann als eine Verknüpfung zu den Resultaten anderer Turniere.“

BS: „Bislang konnten tatsächlich auch nur die Daten der Saison 2007/2008 abgerufen werden. Wird es künftig möglich sein, auch die Ergebnisse von weiter zurückliegenden Spielzeiten nachzuverfolgen?“
BW: „Ja, die alten Daten, die damals bei milon verfügbar waren, sollen künftig auch bei Kroton wieder erhältlich sein. Die Daten von den vergangenen Jahren liegen als Sicherung vor. Wir benötigen nun noch eine Schnittstelle und ein wenig Programmierung, um alle Daten in die neue Umgebung einzupflegen.“

BS: „Interessant ist in diesem Zusammenhang, woher der Begriff „Kroton“ stammt …“
BW: „Es handelt sich um unseren Arbeitstitel für dieses Projekt. „Kroton“ steht zunächst für die Entwicklung des Online-Ergebnisdienstes, soll aber insgesamt zu einem Kommunikationssystem zwischen Verband und Verein werden. Die Idee zu diesem Namen stammt von mir. Ich habe überlegt, woher der Begriff „milon“ kam – von Milon von Kroton. Dieser Milon war ein griechischer Ringkämpfer und einer der berühmtesten Athleten der Antike. Zudem war er ein Zeitgenosse und Anhänger von Pythagoras, dem er auch sein Haus, das im Ort Kroton stand, für eine Schule zur Verfügung stellte. Damit ist sozusagen die Verbindung zu Mathematik und Analytik als Grundlagen der Programmierung hergestellt. Die Buchstaben aus „Kroton“ können aber auch stehen für: Kommunikationssystem für Regionale Sportverbände auf Online-Basis. Ich habe natürlich geschaut, ob dieser Name bereits existiert und möglicherweise geschützt ist. Unser Partner ist die niederländische Firma Visual Reality.“

BS: „Sie sprechen immer von „Wir“. Arbeiten Sie in einem Team zusammen?“
BW: Ja, wir sind ein Team, bei dem die Fäden innerhalb der Verbände bei mir zusammenlaufen, damit wir gegenüber den Programmierern in den Niederlanden mit koordinierten Wünschen auftreten. In jedem LV arbeitet mindestens ein „Admin“ mit, der jeweils für die Interessen und die Koordination seines LV zuständig ist. In Niedersachsen ist dies Heinz Blume, in Hessen Wolfgang Enders, im Saarland Holger Baus, in Bayern Franz Engl, in Sachsen Mike Bräutigam und im DBV Bernd Mohaupt. Mike Bräutigam hat seit ein paar Monaten eine Sonderaufgabe im DBV, denn er koordiniert alle Vereinsdaten und alle überregionalen Spielerdaten in Zusammenarbeit mit den Referaten und LV. Wir haben alle, speziell in den Monaten Juni bis September 2007, sehr viel Entwicklungsarbeit geleistet, aber auch die Niederländer um Firmenchef Daniel Meurer und Chefprogrammierer Michel Hoek haben viel Zeit investiert und auch viele Nächte und Wochenenden damit zugebracht, das System fristgerecht zu programmieren. Ich fahre auch weiterhin regelmäßig zu Arbeitsgesprächen in die Niederlande.“

BS: „Welche Verbesserungen sind noch geplant – oder bereits vorhanden?“
BW: „Seit dem Saisonstart sind bereits viele Funktionen dazugekommen (Hallenanschriften mit Anschluss an einen Routenplaner, Statistiken, Auswertungen über die Reihenfolge und Termine der Einsätze in Mannschaften („Festspielregel“) u. v. m.). Diesen Weg werden wir weitergehen. Bisher fehlende Dinge werden ergänzt (Spieltage, Trennung Hin- und Rückrunde, fest eingeplant ist die Onlinepflege von Vereinsranglisten ....). Das war 2007/2008 noch nicht möglich. Hinzu kommen weitere schöne Statistiken. Manches muss einfach sein, manches ist „nice to have“. 

Fest steht: Wir haben eine Software mit gestaltet, die auch andere Landesverbände und Nationen nutzen können. Das Programm läuft z. B. auch in vielen anderen Ländern – wie Spanien, Belgien, Holland, Dänemark, Schweiz und Österreich. In der zweiten Saison werden wir auf jeden Fall wieder mehr können und dazulernen - davon bin ich überzeugt.
 

Der Artikel erschien im Original in der „Badminton Sport" 06/2008