Die erste Saison, in
welcher der DBV und einige Landesverbände mit dem Online-Ergebnisdienst
„Kroton“ gearbeitet haben, ist vorüber. Claudia Pauli sprach mit Bernd
Wessels, Sportwart im BLV-NRW und als Vertreter der teilnehmenden Verbände
federführend für die Programmentwicklung zusammen mit der verantwortlichen
Firma „Visual Reality“ aus den Niederlanden zuständig, über seine
Erfahrungen mit dieser Software in den vergangenen Monaten.
BS: „Wie lautet Ihr
allgemeines Fazit nach der „Premierensaison“?“
BW: „Die erste Saison
ist aus meiner Sicht sehr gut gelaufen. Uns stehen deutlich mehr Funktionen
zur Verfügung, als wir vor der Spielzeit 2007/2008 als Minimum vorgegeben
hatten, und der Ergebnisdienst wurde auch sehr gut von Vereinen und Funktionären
angenommen. Man muss auch immer beachten, wo wir gestartet sind. Zwischen
März und Mai vergangenen Jahres wuchs für uns die Gewissheit,
dass der Weg mit milon nicht mehr weitergehen würde. Im Juni haben
wir uns dann für einen neuen Partner entschieden, d. h. in NRW wussten
wir zu dem Zeitpunkt, dass wir die niederländische Firma Visual Reality
beauftragen würden. Auch der DBV und einige andere Landesverbände
(LV) wollten sich diesem Projekt anschließen. Das Problem bestand
darin, dass alle beteiligten Verbände Unterschiede in ihren Datenstrukturen
aufweisen, die gegenseitig nicht bekannt sind. Was für uns in NRW
z. B. eine Selbstverständlichkeit war, machten andere LV ganz anders.
Das gilt umgekehrt natürlich auch. Es war sehr viel Arbeit, diese
Unterschiede in einem einzigen System für alle zufriedenstellend als
eine Programmiervorgabe mit vertretbarem Pflegeaufwand zu vereinbaren.
Ich habe die Wünsche der Landesverbände gesammelt, damit wir
gegenüber den Niederländern nur mit einer Stimme auftraten. Das
heißt: Wir als Anwender machen die Koordinierungsarbeit nun selbst.
Milon hat damals sehr viele administrative Aufgaben für die Verbände
übernommen und sehr viele Datenprobleme für uns Anwender aus
der Welt geschafft. Dies ist jetzt nicht mehr der Fall. Da uns als Administratoren
bestimmte Unterschiede zwischen den LV vor Beginn der Saison noch gar nicht
bekannt waren und man z. T. erst im Lauf der Saison festgestellt hat, dass
Abstimmungen notwendig sind, hat man manchmal erst im Lauf der Saison nachgebessert.
Einige Arbeiten stehen zudem auf der „to-do-Liste“ für die Spielzeit
2008/2009. Die Arbeit ist also nicht beendet, sondern wir sind mittendrin.
Wir sind mit dem bisher Erreichten mehr als zufrieden. “
BS: „Bitte erläutern
Sie den Leserinnen und Lesern noch einmal, welche Verbände überhaupt
involviert sind.“
BW: „Von allen Verbänden,
die vorher bei milon waren, haben sich mit Ausnahme von Baden-Württemberg
und dem Rheinland alle Kroton angeschlossen. Mit dabei sind also der DBV
mit dem überregionalen Spielbetrieb sowie die Landesverbände
NRW, Niedersachsen, Hessen, Bayern, Sachsen und Saarland. Der Badmintonverband
Rheinhessen-Pfalz ist für die Saison 2008/2009 dazugekommen. Da aber
die ersten vier Ligen – 1. und 2. Bundesliga, Regionalliga und Oberliga
– zum überregionalen Spielbetrieb des DBV gehören und darin auch
Vereine von Landesverbänden mitspielen, die nicht bei Kroton mitmachen,
musste auch diesen Vereinen die Eingabe der Ergebnisse ermöglicht
werden. Die BSG Unkel-Linz hat beispielsweise je eine Mannschaft in der
Regional- und Oberliga (somit überregional bei Kroton) und weitere
Mannschaften im Rheinland und muss die Ergebnisse somit in zwei verschiedene
Systeme einpflegen. Das ist für die Vereine zwar nicht optimal, aber
auch kein echtes Problem.“
BS: „Welche Spiele
werden erfasst?“
BW; „Alle Mannschaftsspiele
von der Bundesliga bis „tiefsten“ Kreisklasse sowie in NRW auch alle Jugend-
und Schülerspiele bis zu den jüngsten Spielern. Aber das wird
von LV zu LV unterschiedlich gehandhabt. Nicht überall sind die Jugendspiele
schon dabei.“
BS: „Wer kann überhaupt
Daten einpflegen d. h., beispielsweise Ergebnisse online stellen?“
BW: „Die Verantwortung
für die Zugangsberechtigungen lag bislang bei den jeweiligen Landesverbänden.
Diese meldeten an die Niederländer ihre Vereine und Funktionäre
(wer für welche Staffel zuständig ist), woraufhin die Niederländer
den Vereinen je eine Zugangsberechtigung erteilten. In kleinen Vereinen
hat oftmals nur der „Chef“ die Zugangsdaten. Vereine mit mehreren Mannschaften
haben die Rechte in der Regel an jede Mannschaft weitergegeben. Im Idealfall
sind auch 2-3 Spieler innerhalb der Mannschaften eingabeberechtigt. Künftig
soll es so sein, dass die Administratoren des Vereins einen Vereins-Zugangscode
erhalten. Diese vergeben dann selbst vereinsintern personenbezogene Rechte
an einzelne Funktionsträger im Verein und pflegen auch diese Berechtigungen.
Dadurch kann nachvollzogen werden, welche Person welche Daten eingegeben
hat. Dies ist beispielsweise später wichtig für Turnier- und
Mannschaftsmeldungen. Die Übermittlung der Ergebnisse soll schließlich
auch einen offiziellen Charakter haben. Unser Plan ist, dass die personenbezogene
Zuteilung des Zugangscodes zur neuen Saison erfolgen soll.“
BS: „Wie schwierig
gestaltete sich die Umstellung der Staffelbetreuer auf das neue System?“
BW: „Ich kann jetzt
nur für NRW sprechen: Kurz vor Saisonbeginn 2007/2008 haben wir für
die Staffelbetreuer und Bezirkswarte Schulungen angeboten, an denen insgesamt
etwa 35 Personen teilgenommen haben. Viele von ihnen waren Multiplikatoren,
die ihr Wissen wiederum an andere im Bezirk oder Verein weitergegeben haben.
Zudem haben wir mit vielen Usern telefoniert, um sie mit dem Programm vertraut
zu machen. Da sich im Laufe der Zeit immer wieder neue Funktionen ergaben,
haben wir diese häufig per Mail erläutert oder entsprechende
Hinweise auf die Homepage des BLV-NRW gestellt bzw. Handbücher geschrieben.“
BS: „Was passiert,
wenn die Vereine die Daten nicht zeitnah eingeben?“
BW: „In NRW war in
der abgelaufenen Saison die Eingabe für die Vereine noch freiwillig.
Sofern die Vereine nicht für die Eingabe der Ergebnisse sorgten, war
der Staffelbetreuer für die Komplettierung verantwortlich. In NRW
wird für die kommende Saison die Online-Eingabepflicht für Vereine
eingeführt. Dafür kann auf die postalische Einsendung des Spielberichtes
verzichtet werden. Andere LV haben dies schon in der Spielzeit 2007/2008
so gemacht, andere werden auch 2008/2009 noch nicht so verfahren.“
BS: „Was ist das nahe
Ziel?“
BW: „Für 2008/2009
stehen drei große Themen auf der Agenda:
Zum einen die Verbesserung
des Online-Ergebnisdienstes. Dies geschieht einerseits durch Erweiterung
und Verbesserung von Funktionen, Auswertungs- und Darstellungsmöglichkeiten,
zum anderen auf einer für Vereine nicht sichtbaren Ebene. Ziel ist
es, dass die Verbände selbst ihre Ligen, Staffeln, Vereine, Mannschaften,
Staffelbetreuer, Termine, Spielsysteme etc. selbst anlegen und pflegen
können. In der ersten Saison mussten, bedingt durch den kurze Vorbereitungszeit,
die Daten alle in die Niederlande geschickt werden, und von dort aus wurden
sie dann eingepflegt. Jede spätere Änderung gestaltete sich dadurch
bisher als relativ aufwändig. Unser klares Ziel: Das Einspielen und
die Pflege der Daten wollen wir für 2008/2009 selbst erledigen können.
Zweites großes Thema ist die Verbandsverwaltung. Im ersten Schritt
werden Stammdaten von Vereinen (Adresse, Hallen, Mannschaften usw.), Spielern
und Funktionären online zur Verwendung für die Staffelverwaltung
bereitgestellt und auch zentral gepflegt. Im zweiten Schritt kommunizieren
Verband und Vereine über festgelegte Schnittstellen miteinander. Es
soll beispielsweise möglich werden, Adressänderungen, Passanträge,
Mannschafts- und Turniermeldungen über dieses System abzuwickeln.
Verband und Vereine benötigen dafür ein Rechtesystem, bei dem
z. B. Vereine selbst Personen benennen, die Zugriff auf bestimmte Bereiche
haben und die Daten bearbeiten können – z. B. Spielerpässe ändern,
Meldungen geben oder löschen etc. Daran haben eine Reihe von Landesverbänden
bereits jetzt ihr Interesse bekundet. Drittes „Entwicklungsthema“ ist die
Turniersoftware. Das Programm, das im Internet unter www.alleturniere.de
bzw. international unter www.tournamentsoftware.com zu finden ist und weltweit
bei Turnieren eingesetzt wird, wollen auch der DBV, der BLV-NRW und andere
LV einsetzen. Diese Software wird auch Vereinen angeboten – und das sogar
zu deutlich vergünstigten Konditionen. Alle Ergebnisse damit ausgetragener
Turniere sind damit sofort im Netz. Außerdem ist (bei Benutzung der
SpielerID) eine Spielerstatistik dahingehend verfügbar, dass man sowohl
die Ergebnisse eines Spielers beim aktuellen Turnier einsehen kann als
eine Verknüpfung zu den Resultaten anderer Turniere.“
BS: „Bislang konnten
tatsächlich auch nur die Daten der Saison 2007/2008 abgerufen werden.
Wird es künftig möglich sein, auch die Ergebnisse von weiter
zurückliegenden Spielzeiten nachzuverfolgen?“
BW: „Ja, die alten
Daten, die damals bei milon verfügbar waren, sollen künftig auch
bei Kroton wieder erhältlich sein. Die Daten von den vergangenen Jahren
liegen als Sicherung vor. Wir benötigen nun noch eine Schnittstelle
und ein wenig Programmierung, um alle Daten in die neue Umgebung einzupflegen.“
BS: „Interessant ist
in diesem Zusammenhang, woher der Begriff „Kroton“ stammt …“
BW: „Es handelt sich
um unseren Arbeitstitel für dieses Projekt. „Kroton“ steht zunächst
für die Entwicklung des Online-Ergebnisdienstes, soll aber insgesamt
zu einem Kommunikationssystem zwischen Verband und Verein werden. Die Idee
zu diesem Namen stammt von mir. Ich habe überlegt, woher der Begriff
„milon“ kam – von Milon von Kroton. Dieser Milon war ein griechischer Ringkämpfer
und einer der berühmtesten Athleten der Antike. Zudem war er ein Zeitgenosse
und Anhänger von Pythagoras, dem er auch sein Haus, das im Ort Kroton
stand, für eine Schule zur Verfügung stellte. Damit ist sozusagen
die Verbindung zu Mathematik und Analytik als Grundlagen der Programmierung
hergestellt. Die Buchstaben aus „Kroton“ können aber auch stehen für:
Kommunikationssystem für Regionale Sportverbände auf Online-Basis.
Ich habe natürlich geschaut, ob dieser Name bereits existiert und
möglicherweise geschützt ist. Unser Partner ist die niederländische
Firma Visual Reality.“
BS: „Sie sprechen immer
von „Wir“. Arbeiten Sie in einem Team zusammen?“
BW: Ja, wir sind
ein Team, bei dem die Fäden innerhalb der Verbände bei mir zusammenlaufen,
damit wir gegenüber den Programmierern in den Niederlanden mit koordinierten
Wünschen auftreten. In jedem LV arbeitet mindestens ein „Admin“ mit,
der jeweils für die Interessen und die Koordination seines LV zuständig
ist. In Niedersachsen ist dies Heinz Blume, in Hessen Wolfgang Enders,
im Saarland Holger Baus, in Bayern Franz Engl, in Sachsen Mike Bräutigam
und im DBV Bernd Mohaupt. Mike Bräutigam hat seit ein paar Monaten
eine Sonderaufgabe im DBV, denn er koordiniert alle Vereinsdaten und alle
überregionalen Spielerdaten in Zusammenarbeit mit den Referaten und
LV. Wir haben alle, speziell in den Monaten Juni bis September 2007, sehr
viel Entwicklungsarbeit geleistet, aber auch die Niederländer um Firmenchef
Daniel Meurer und Chefprogrammierer Michel Hoek haben viel Zeit investiert
und auch viele Nächte und Wochenenden damit zugebracht, das System
fristgerecht zu programmieren. Ich fahre auch weiterhin regelmäßig
zu Arbeitsgesprächen in die Niederlande.“
BS: „Welche Verbesserungen
sind noch geplant – oder bereits vorhanden?“
BW: „Seit dem Saisonstart
sind bereits viele Funktionen dazugekommen (Hallenanschriften mit Anschluss
an einen Routenplaner, Statistiken, Auswertungen über die Reihenfolge
und Termine der Einsätze in Mannschaften („Festspielregel“) u. v.
m.). Diesen Weg werden wir weitergehen. Bisher fehlende Dinge werden ergänzt
(Spieltage, Trennung Hin- und Rückrunde, fest eingeplant ist die Onlinepflege
von Vereinsranglisten ....). Das war 2007/2008 noch nicht möglich.
Hinzu kommen weitere schöne Statistiken. Manches muss einfach sein,
manches ist „nice to have“.
Fest steht: Wir haben eine
Software mit gestaltet, die auch andere Landesverbände und Nationen
nutzen können. Das Programm läuft z. B. auch in vielen anderen
Ländern – wie Spanien, Belgien, Holland, Dänemark, Schweiz und
Österreich. In der zweiten Saison werden wir auf jeden Fall wieder
mehr können und dazulernen - davon bin ich überzeugt.
Der Artikel erschien im
Original in der „Badminton Sport" 06/2008 |